Thomas HORNUNG & Rainer BRANDNER

Das Reingraben-Event im Hallstätter Faziesraum

Das karnische Reingraben-Event sensu SCHLAGER & SCHÖLLNBERGER 1974 im Grenzbereich Jul 1 / Jul 2 bildet die markanteste stratigraphische Wende in der Trias-Abfolge des westlichen Triasraumes. Dies äußert sich sowohl in biostratigraphischen Analysen, lithofaziellen Untersuchungen, aber auch durch einen drastischen evolutiven Einschnitt, wie dem Absterben der meisten Riff-Ökosysteme (u.a. FLÜGEL, 2001) mit abruptem Einsetzen terrigen-klastischer Sedimentation. Der Einfluss des Ereignisses reicht im NW' Tethysbereich vermutlich bis in die terrigen-fluviatile germanische Fazies mit diskordanter Überdeckung des Schilfsandsteines auf Gipskeuper (AIGNER & BACHMANN, 1992). Darüber hinaus finden sich im gesamten Tethysbereich ähnliche Zäsuren, die mit dem Reingraben-Event in Verbindung gebracht werden und dessen Bedeutung als vermutlich globales Ereignis unterstreichen. Die Gründe dafür sind weitgehend unbekannt - aufgrund der Globalität erscheinen klimatische Ursachen, ausgelöst durch regionale plattentek-tonische Veränderungen plausibel.

Das Reingraben-Event im Karbonatplattformbereich war Thema zahl-reicher Untersuchungen, obgleich die Profilabfolgen hier meist Schichtlücken aufweisen. Die wohl vollständigeren Sequenzen im Hallstätter Beckenraum fanden dagegen bisher nur geringe Beachtung. Die fehlende sequenzstratigraphische Betrachtungsweise als auch die komplexen tektonischen Verhältnisse dürften die Gründe dafür sein.

Eines der Ziele des FWF-Projektes P16878 "Das Karnische Ereignis im westlichen Tethysraum" ist die Erstellung eines zeitlich hochauflösenden, regional gültigen Standartpro-files mit Hilfe kombinierter bio-, sequenz-, und chronostratigraphischen Untersuchungsmethoden. Damit sollte eine hochauflösende Korrelation mit Sequenzen anderer Fazieszonen erreicht werden.

Die einzigen vollständigen Hallstätter Abfolgen, die den Zeitraum des Jul 1 bis Lac 1 erschließen, liegen im Bereich der Hallein-Berchtesgadener Schollenregion unweit der Ortschaft Bad Dürrnberg (Abb. 1). Zwei Profile sollen hier vorgestellt werden: der aufgelassene Jakobbergstollen (GAWLICK & LEIN, 2000) der Saline Bad Dürrnberg erschließt die Liegendpartien und die Ereignis-Grenze selbst, das stark kondensierte Profil am Freygutweg die hangenden Bereiche der Halobienschiefer und die Überlagerung mit unternorischen Hellkalken (Abb. 2).

Das Resultat eingehender Beprobung, Conodonten-Biostratigraphie und mikrofazieller Untersuchungen ergab in unterjulischen Hellkalken eine intakte Mikrofauna mit Riffdetritus-Schüttungen mit Foraminiferen, Schwebcrinoiden, Conodonten, juvenilen Ammoniten, Schwamm- und ?Tubiphytes- / Blaualgenfetzen; letztere werden als Indikatoren für ein funktionierendes Riff-Ökosystem angesehen. Zum Top der Hellkalke gehen diese unter stagnierender bis aussetzender Sedimentation signifikant zurück, einhergehend mit stärkerer Bioturbation sowie Hartgrund- und Algenmattenbildung. Diese Thrombolithe bilden ein reduzierendes Mikromilieu aus, was sich einerseits durch dispersen Pyrit, aber auch authigen gebildete Kalzit-Kristalle ausdrückt, die zu ihrer Bildung ein leicht basisches Umfeld (pH~9) benötigen (REITNER, 1997). In den über den Hellkalken folgenden grünen Mergeln, Graukalken und Ockerkalken findet sich kein Riffdetritus mehr, sehr wohl aber thrombolitische Algenkrusten. Conodonten treten stark in den Hintergrund. Über den Ockerkalken folgt mit scharfer Grenze eine Abfolge schwarzer Halobienschiefer - in zwischengeschalteten schwarzgrauen Kalkbänken finden sich lediglich agglutinierte Foraminiferen sowie Conodonten.

Die Grauvioletten Bankkalke am Freygutweg zeigen im Langobard bis Jul 1 ähnliche Verhältnisse wie die Hellkalke im Jakobbergstollen. Nach einer Aufschlusslücke ist der jüngere Abschnitt der Halobienschiefer mit einer Wechselfolge von violetten bis bräunlichen Tonmergeln und fossilfreien laminierten Siltsteinbänken entwickelt. Mit Einsetzen stark kondensierter, tuvalischer Rotkalke ändert sich das Sedimentationsregime erneut - in den radiolarienreichen Filamentkalken finden sich wieder zahlreiche Conodonten und vereinzelt wieder Riffdetritus.

Zusammenfassend drückt sich das Reingraben-Event in der Hallstätter Fazies mehrphasig aus: (1) durch einem drastischen Rückgang riffogener Schüttungen (Grenze Hellkalke zu Grau- und Ockerkalke) als Zeichen zurückgehender Sedimentproduktion in den angrenzenden Riffarealen und (2) durch einen nachfolgenden schnellen Wechsel von limonitischen Ockerkalken zu pyritreichen Schwarzschiefern (Halobienschiefer) als Folge reduzierender Bedingungen und aussetzender Karbonat-Anlieferung.


Literatur

AIGNER, T., BACHMANN, G.H. (1992): Sequence stratigraphic framework of the German Triassic. - Sed. Geol., 80: 115-135, Amsterdam.

FLÜGEL, E. (2001): Triassic reef evolution. - in: Phanerozoic Reef Patterns, SEPM Special Publication, 72: 391-463.

GAWLICK, H.-J., LEIN, R. (2000): Die Salzlagerstätte Hallein - Bad Dürrnberg. - Exkursionsführer Sediment 2000, Mitt. Ges. Geol. Bergbaustud. Österr., Heft 44, S. 263-280, Wien.

REITNER, J. (1997): Stromatolithe und andere Mikrobialithe. - in: STEINIGER, F. & MARONDE, D. (Eds.): Städte unter Wasser. - Kleine Senckenbergreihe, 24: 19-37, Frankfurt a. Main.

SCHLAGER, W., SCHÖLLNBERGER, W. (1974): Das Prinzip stratigraphischer Wenden in der Schichtenfolge der Nördlichen Kalkalpen. - Mitt. Geol. Ges. Wien, 66/67: 165-193; Wien.

 

veröffentlicht in: Berichte des Institutes für Erdwissenschaften der Karl Franzens Universität Graz, 9: 189-191